„Tanzen ist für alle“

Es kann wie eine Therapie wirken, Körper und Psyche gesund halten, zur Verbundenheit beitragen oder dabei helfen, schlimme Erfahrungen zu verarbeiten. In MEINE GESUNDHEIT erzählen Menschen aus ganz Österreich, warum sie tanzen. Ein gemeinsamer Nenner? Die Freude daran und das gute Gefühl danach!

Erik, 22,

und Kaela, 20, Wien

Tanzen auf Bällen

„Alles strahlt und glitzert. Man trägt festliche Kleidung und tanzt die ganze Nacht durch. Dabei vergisst man den Alltag und taucht in eine andere Welt ein.“ Wenn Erik einen Wiener Ball beschreibt, wird seine Begeisterung spürbar. Tanzpartnerin Kaela ergänzt: „Die Ballsaison ist in Wien wie eine fünfte Jahreszeit – mit ganz besonderem Charme.“ Die beiden Studierenden lernten sich – und viele andere Freundinnen und Freunde – in der Wiener Tanzschule Elmayer kennen. Inzwischen sind sie Mitglieder der berühmten „Wiener-Walzer-Formation“, die auf Bällen, aber auch auf internationalen Veranstaltungen Wiener-Walzer-Tradition vermittelt. Oft bringen die beiden dabei auch anderen Ballgästen das Tanzen bei. „Jede und jeder kann es lernen“, versichert die 20-Jährige.

Sie möchten wie Kaela und Erik Bälle genießen? Auf ballkalender-online.at finden Sie Bälle in ganz Österreich!

 

Antonia, 26, Wien

Tanzt bei „Ich bin o.k.“

„Beim Tanzen nehme ich meinen Körper gut wahr und verstehe besser, wie er sich bewegt“, erzählt Antonia. Die 26-Jährige, die mit dem Dandy-Walker-Syndrom (einer Erkrankung des zentralen Nervensystems) lebt, tanzt seit 2010 bei „Ich bin o.k.“, einem Kultur- und Bildungsverein für Menschen mit und ohne Behinderung. Zwei Mal pro Woche trifft die Wienerin, die auch die Öffentlichkeitsarbeit des Vereins betreut, hier ihre Tanzgruppe – viele darin sind zu Freundinnen und Freunden geworden.  Aktuell übt die Gruppe für den jährlichen Höhepunkt – Aufführungen im Wiener Theater Akzent, die im März und April stattfinden. Auch Lampenfieber ist dabei, aber Antonia bleibt gelassen: „Ich habe schon den Opernball eröffnet – die Aufregung legt sich, sobald man lostanzt!“

Bei „Ich bin o.k.“ tanzt Antonia seit rund 15 Jahren. Alle Informationen auf ichbinok.at.

 

Ece, 33, Wien

Tanzt im Club

Wenn Ece tanzt, strahlt ihr ganzes Gesicht. „Das liegt daran, dass Tanzen für mich wie eine Therapie ist. Es befreit meine Seele und verbindet mich mit meinen Gefühlen“, sagt die 33-jährige Fotografin. Am liebsten tanzt Ece im Club – zu Musik aus den 1980er-Jahren. „Im Sommer liebe ich es, im Freien zu tanzen, bis die Sonne aufgeht! Auch auf Reisen in unterschiedlichen Ländern, beim Tanzen sieht man gleich, wie andere Kulturen feiern.“ Tanzen sei eine Performance ohne Worte, so die Wienerin. „Und doch erzählt man dabei so viel über sich.“ Auch türkische Popmusik steht bei Ece hoch im Kurs. „Das habe ich als Teenager oft gehört. Noch heute bringt mich das Tanzen zu dieser Musik ganz schnell zurück zu meinen Wurzeln, und ich fühle mich dann geborgen wie ein Kind.“

Clubs und Discos mag Ece am liebsten: „Tanzen ist wie eine Therapie für mich“, so die 33-Jährige.

 

Wolfgang, 58, Steiermark

Tanzt „ab der Lebensmitte“

Wolfgang ist schwerhörig und hört Melodien nur leise. „Aber ich spüre die Musik“, freut sich der 58-jährige gebürtige Burgenländer. „Wenn ich tanze, gehe ich nach dem Takt und nach meinem Gefühl.“ Dass das gut funktioniert, bestätigt Tanzpartnerin Astrid. Beide schwingen in Hartberg (Steiermark) bei „Tanzen ab der Lebensmitte“ das Tanzbein. „Astrid hat mich dazu animiert, und jetzt freue ich mich schon jede Woche darauf. Denn Tanzen macht nicht nur Spaß, es tut mir körperlich gut“, so der Gaswerk-Bedienstete, der unter Gelenksabnützung leidet. „Wenn ich tanze, läuft es aber buchstäblich wieder wie geschmiert“, so Wolfgang, der auch die gute Stimmung in der Tanzgruppe schätzt. Und die geht nach dem Tanzen weiter, wie Astrid verrät: „Da sitzen wir dann immer gemütlich zusammen und ratschen!“

Wolfgang liebt „Tanzen ab der Lebensmitte“. Finden Sie eine Gruppe in Ihrer Nähe: seniorentanz.at

 

Romeo, 18, Kärnten

Tanzt Volkstanz

Schnell drehen sich Julia, Marie und Lena in ihrer Lesachtaler Festtagstracht im Kreis. In ihrer Mitte legt Romeo neben Matthias einen Schuhplattler hin. „Volkstanz macht einfach Spaß“, so der 18-Jährige, der mit seiner Schwester Marie bei der Klagenfurter Volkstanzgruppe „Lindwurm“ ist. Und das, seit er denken kann. „Auch meine Eltern tanzen mit.“  Doch nicht nur deshalb fühlt sich Romeo hier wie in einer zweiten Familie: „Unsere Mitglieder sind zwischen 14 und 66 Jahre alt, und wir sind alle befreundet. Die Liebe zu Tanz und Brauchtum verbindet.“ Vom Landler bis zur Polka steht hier alles auf dem Programm – inklusive eigener Choreografien. „Am schönsten ist, wenn wir unsere Tänze vor Publikum aufführen“, so der Klagenfurter. Und das über die Landesgrenzen hinaus.Heuer sind etwa Auftritte auf der portugiesischen Insel Madeira geplant.

Romeo tanzt bei „Lindwurm“ (vtg-lindwurm.at). Weitere Volkstanzgruppen unter: volkstanz.at

 

Amin, 27, Wien

Tanzt Toleranz

„Beim Tanzen fühle ich mich frei“, bringt es Amin auf den Punkt. Der gebürtige Afghane, der 2015 nach Österreich kam, schätzt aber noch mehr an seiner Tanzgruppe. „Hier lerne ich neue Menschen kennen. Wenn ich mich müde fühle, motivieren mich die anderen. Bin ich traurig und schaue in lachende Gesichter, lache ich auch“, so der Grafik-Designer. Mit „hier“ meint Amin „Tanz die Toleranz“, ein Caritas-Wien-Projekt, das neue Begegnungen durch Tanzen ermöglicht – über kulturelle und sprachliche Barrieren hinweg. „Das funktioniert“, bestätigt der 27-Jährige. „Ich konnte zu Beginn gar kein Deutsch, aber beim Tanzen spricht man mit dem Körper.“ Noch eines gefällt ihm: „Mein Vater sagte immer: ‚Nimm das Leben einfach, damit du einfach leben kannst!‘ Tanzen hilft dabei!“

Amin ist durch „Tanz die Toleranz“ richtig angekommen. Hier finden Sie das Programm: tanzdietoleranz.at

 

Sissi, 50, und

Petra, 58, Wien

Tanzen gern als Paar

„Tanzen ist für uns ganz eindeutig Paarzeit“, sagt Sissi mit strahlenden Augen. Seit acht Jahren ist die Architektin mit Partnerin Petra liiert – fast genauso lange ist die erste Tanzkurserfahrung her. Zeit zu zweit, gemeinsame Bewegung, Fitness für Körper und Geist – all das schätzen die beiden an ihrem liebsten Hobby, das sie nun in der Tanzschule Chris in Wien-Leopoldstadt vertiefen. „Und natürlich freut es uns, dass wir nun auf Bällen eine gute Figur auf der Tanzfläche machen“, ergänzt Lehrerin Petra. „Das war mir wichtig!“ Cha-Cha-Cha, Quickstep, Rumba und Co. beherrscht das Paar mittlerweile schon. „Selbst der Walzer, vor dem ich viel Respekt hatte, klappt bereits gut“, freut sich Sissi. Was rät sie den Leserinnen und Lesern von MEINE GESUNDHEIT? „Mein Tipp: Jede und jeder kann tanzen lernen. Einfach losstarten!“

Sissi (li.) und Petra genießen die Zeit in der Tanzschule. Finden Sie eine in Ihrem Bundesland: tanzschulen.com

 

Ruth, 52, Niederösterreich

Tanzt in die Leichtigkeit

Leben ist Bewegung. Eine traumatische Erfahrung hingegen führt zu Erstarren. Ruth beschreibt ihr persönliches Trauma, das Ende ihrer 15-jährigen Ehe, als „Fall ins Bodenlose“. „Durch ‚Tanz aus dem Trauma‘ habe ich erstmals wieder das Gefühl gehabt, Boden unter den Füßen zu haben“, so die Niederösterreicherin, die bei Psychotherapeutin Romana Tripolt Hilfe gefunden hat. „Eine traumatische Erfahrung bleibt im Körper stecken“, erläutert Ruth. „Durch Bewegung und freies Tanzen im therapeutischen Rahmen kamen diese Erfahrungen und Gefühle wieder in mein Bewusstsein.  Diese konnte ich dann in der Gegenwart neu verarbeitet.“ Im Fokus der Therapie: der Körper als Kraftquelle. „Ich habe dadurch eine neue Verbindung zu mir selbst herstellen können. Meine größte Angst – einsam zu bleiben – hat ihren Schrecken verloren, denn ich weiß jetzt: Ich bin immer selbst spürbar an meiner Seite.“

Mithilfe von Tanz und Bewegung konnte Ruth ihre traumatische Erfahrung gut verarbeiten.


TEXT  Claudia Drees⎪FOTOS  Stefan Diesner

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