Bewegung in jedem Alter
MEINE GESUNDHEIT bringt Sie in Bewegung! Denn körperliche Aktivität trägt wesentlich zum Erhalt der Gesundheit bei, beugt vielen Krankheiten vor, kräftigt den Körper und tut der Psyche gut.
UNSERE EXPERTIN UND EXPERTEN
Bewegung ist das wichtigste Medikament des 21. Jahrhunderts: Es ist kostengünstig, einfach zu dosieren und hat – richtig eingesetzt – keine Nebenwirkungen“, sagt Dr. Bernd Haditsch, ärztlicher Leiter der Vorsorge-, Gesunden- und Jugendlichenuntersuchungsstelle der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) in Graz. Die wohl beste Nachricht: Um davon zu profitieren, ist kein Leistungssport notwendig. Haditsch: „Im Gegenteil! Ich spreche bewusst von Bewegung, die im besten Fall Freude bereitet.“ Stiegen steigen, Gartenarbeit, einige Straßenbahnhaltestellen vorher aussteigen und zu Fuß gehen, für kurze Strecken auf das Auto verzichten und auf das Rad wechseln – Möglichkeiten, um Bewegung regelmäßig in den Alltag zu integrieren, gibt es viele. Und jeder Schritt zählt. Wer jedoch 150 Minuten Bewegung pro Woche schafft – so lautet die Empfehlung der Welt-gesundheitsorganisation (WHO) – und wer dabei ein bisschen ins Schwitzen und Schnaufen kommt, trägt optimal zum Erhalt seiner Gesundheit bei.
Baustein für gesundes Altern
„Das fängt beim Gewichtsmanagement an“, erläutert Haditsch. „Übergewicht spielt bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen, bei Alterszucker und vielen Krebserkrankungen, bei Bluthochdruck und Fettstoffwechselstörungen eine große Rolle. Gemeinsam mit einer ausgewogenen, pflanzenbasierten Ernährungsweise kann man durch Bewegung all diesen Krankheiten vorbeugen, sie hinauszögern oder sogar verhindern.“ Bewegung stärkt zudem das Immunsystem und liefert einen wichtigen Baustein für Gesundheit bis ins hohe Alter: „Das Kapital für gesundes Älterwerden ist die Muskelmasse. Sie entscheidet, ob ein älterer Mensch zum Beispiel nach einer Operation rasch wieder in Bewegung kommt. Eine gut trainierte Beinmuskulatur spielt zudem gemeinsam mit Koordination und Gleichgewicht eine wichtige Rolle bei der Vermeidung von Stürzen“, ergänzt Harald Jansenberger. Der oberösterreichische Sportwissenschaftler unterstützt mit dem ÖGK-Programm „Trittsicher & aktiv“ die Sturzprävention für Menschen in fortgeschrittenem Alter (siehe Fit-Tipp „Stürzen vorbeugen”).
„Um gesund zu bleiben, ist kein Leistungssport nötig. Ich empfehle Bewegung, die im besten Fall auch Freude bereitet.“
− Dr. Bernd Haditsch, ÖGK-Vorsorgemediziner
Für Körper, Geist und Seele
„Für Muskeln und Gelenke gibt es nichts Schlimmeres, als nichts zu tun“, unterstreicht Bernd Haditsch. „Und auch die Knochen benötigen Bewegung für den Erneuerungsprozess. Sie sorgt dafür, dass die Knochen Dreh-, Druck- und Entlastungsreize erfahren. Dadurch wird der Knochenaufbau stimuliert.“ Neben dieser Prävention vor Osteoporose und altersbedingtem Muskelschwund fungiere Bewegung schließlich auch als Psychohygiene. „Es ist eine gute Therapie bei seelischen Beschwerden wie Ängsten oder Depressionen und hilft zudem dabei, Stress abzubauen“, sagt Haditsch. „Neben der frühen Prävention kann Bewegung aber auch dann sehr hilfreich sein, wenn ich bereits eine Vorerkrankung habe“, betont Bewegungstherapeutin Julia Kritzinger. „Man sollte nur darauf achten, bei chronischen Krankheiten oder nach akuten Vorfällen wie einem Herz-infarkt zunächst ärztlich abzuklären, welche Bewegungsform geeignet ist“, so die Expertin.
Von Kindesbeinen an
„Kinder haben einen natürlichen Bewegungsdrang, den man unbedingt unterstützen sollte“, erklärt Kritzinger. Die Empfehlung der WHO lautet, dass sich jedes Kind mindestens eine Stunde pro Tag bewegen sollte. „Eltern können hier eine wichtige Vorbildfunktion einnehmen“, betonen beide Gesprächspartner. „Das Wichtigste, was Sie Ihren Kindern schenken können, ist gemeinsame Zeit. Hier lässt sich Bewegung auch spielerisch einbauen“, so Haditsch. Zudem können Kindergärten und Schulen wichtige Impulsgeber sein – und Kinder erreichen, die aus weniger aktiven Elternhäusern kommen. Das weiß auch Simone Dosch: „Sport schafft sofort gemeinsame Interessen“, erklärt die Direktorin der Volksschule Oberhofen. In der Tiroler Schule steht Bewegung im Fokus (siehe Bericht „Bewegung auf dem Stundenplan”). Bewegt sich der Nachwuchs, trägt dies in vielerlei Hinsicht Früchte. „Kinder lernen intuitiv, sie sind neugierig und wollen Verschiedenes ausprobieren. Was sie vor dem Alter von zwölf Jahren lernen, verlernen sie auch im Erwachsenenalter nicht mehr.“ Zudem unterstützt Bewegung den Lern-erfolg und bietet ein wichtiges Ventil, um Stress abzubauen. „Wenn Kinder dies bereits in der Schulzeit erkennen, haben sie für das spätere Berufsleben schon ein wichtiges Werkzeug in der Hand“, sagt die engagierte Pädagogin.
Den inneren Schweinehund umprogrammieren
Um auch im Erwachsenenalter in Bewegung zu bleiben, hat Bernd Haditsch einen guten Tipp: die 7/21-Regel. „Das bedeutet, Sie nehmen sich ein Ziel vor, zum Beispiel zwei Mal pro Woche zu Fuß in die Arbeit zu gehen. Setzen Sie das in den nächsten sieben Tagen um und bemühen Sie sich, für 21 Tage durchzuhalten, dann stehen die Chancen gut, dass Sie diese Lebensstiländerung beibehalten.“ Julia Kritzinger empfiehlt zudem, feste Termine zu fixieren – entweder im eigenen Terminkalender oder am besten mit Gleichgesinnten. „Man hält Termine eher ein, wenn man vereinbart, gemeinsam in Bewegung zu kommen, und sich gegenseitig motiviert!“
„Mit Bewegung und Kraft-, Balance- sowie Koordinationsübungen kann man 80 Prozent der Stürze aktiv vermeiden.“
− Mag. Harald Jansenberger, Sportwissenschaftler
Bewegungsfreundliches Umfeld
Wie oft wir uns bewegen, hängt aber nicht nur von uns selbst ab, sondern auch davon, wie das individuelle Lebens- und Arbeitsumfeld Bewegung ermöglicht und wie sehr sich dieses Thema in unserem Alltag widerspiegelt. „Das fängt dabei an, wo ich wohne, wie viele Grünflächen ich in der Umgebung habe, welche Bewegungsmöglichkeiten die Gemeinde anbietet oder wie ich davon erfahre“, so Haditsch. „Auch Vorbildwirkung hat großen Einfluss“, weiß der Internist aus Graz. „Ich fahre täglich mit dem Rad in die Arbeit und spaziere mit dem Fahrradhelm durch das Wartezimmer. Die Menschen nehmen das unbewusst wahr.“ Schließlich komme es auch auf die individuell verspürte Sicherheit an, betont der Experte. „Gibt es in meinem Wohnort sichere Fahrradwege? Sind Parks und Laufstrecken gut beleuchtet? All das spielt eine große Rolle.“ Welche Bewegungsform der Vorsorgemediziner empfiehlt? „Am liebsten das Wandern“, sagt Haditsch. „Es ist ein wunderbarer Ganzjahres- und Ganzkörpersport, der von Jung bis Alt und auch mit Vorerkrankungen möglich ist und zudem der Psyche guttut!“ Auch die ÖGK liefert im Rahmen von „ÖGK bewegt“ zahlreiche Tipps, um in Bewegung zu kommen: „Ich bin überzeugt davon, dass die meisten Menschen für Bewegung zu motivieren sind. Aber sie wissen oft nicht, wie sie damit beginnen sollen “, so Julia Kritzinger. „Mit unserem breiten Angebot an kostenlosen Kursen und Informationen und einem vielseitigen Programm möchten wir jede Zielgruppe erreichen.“ „Beweg dich – Gesunder Rücken“ (siehe Fit-Tipp „So bleibt ihr Rücken fit”) unterstützt die Rückengesundheit, „Bewegt im Park“ (siehe Beitrag „ÖGK bewegt”) ist unter anderem gut für alle Bewegungs-Einsteigerinnen und -Einsteiger, mit „Bewusst leben +“ werden wiederum alle Menschen ab der Lebensmitte zum Mitmachen und Gesundbleiben eingeladen.
TEXT Claudia Sebunk
Fotos: GettyImages / UNsplash, Selina Intihar / ÖGK, privat, Roland Hofer, iStock by GettyImages/ Martin DM, Kamisoka, Imorgthand, beigestellt, Honbike / Getty Images / Unsplash